Bild und Sprache als Symbiose

Bilder wecken Emotionen, Worte erschaffen Bilder.

Ohne Emotionen kein Image. Das Marken-Image lebt von Emotionen. Von Unternehmen lancierte Marken schicken ihre visuell-verbalen Botschaften in die Gefühlswelten ihrer Bezugsgruppen. Dort existieren all die menschlichen Bedürfnisse, Sehnsüchte, Wünsche, Interessen, Motive und Ziele. Diese möchten erfüllt werden. Also sucht der Betrachter in den Botschaften nach Signalen, die ihm einen befriedigenden Vorteil, Nutzen oder (Mehr-)Wert versprechen. Bringen Worte und Bilder in aufmerksamkeitsstarker Eintracht diese Argumente auf den Punkt, kann sich die Marke über mangelndes Interesse kaum beklagen. Die Verbindung steht. Das Image festigt sich.

Bilder und Worte übernehmen in diesem komplexen Geflecht aus Emotionalisierung, Inszenierung, Seriosität und Glaubwürdigkeit die bestimmenden Rollen – mit unterschiedlichen Gewichtungen und Aufgaben: Der visuelle Code spielt seine „Kunst“ vorrangig auf der emotionalen, verführerischen und auch manipulativen Ebene, der verbale Code übernimmt eher den informativen, seriösen, glaubwürdigen, Vernunft gesteuerten Part. Ein Code im sprachwissenschaftlichen Sinn nennt der Duden die „Gesamtheit aller [wort- und bild-]sprachlichen Zeichen und Regeln und ihrer Verknüpfungen“ .

Die österreichische Marktforscherin Dr. Helene Karmasin schreibt dazu in ihrem Buch „Bildmagie“:
„Der visuelle Code besitzt den Vorteil der unmittelbaren Anschaulichkeit, Glaubwürdigkeit, vermeintlich universeller Verständlichkeit. Man glaubt, was man sieht, man versteht ihn ohne jede kognitive Anstrengung, und er hat … eben jene Qualitäten des Magischen, Stimmungshaften, Verführerischen, jene betörende Suggestivkraft …“. (1)

Wir sollten uns dabei vor Augen halten, dass Stand- oder Bewegtbilder immer stärker, heißt schneller wahrgenommen werden.

Wir wissen längst, dass ca. 80% unserer Sinneseindrücke visuellen Reizen und Einflüssen unterliegen – wir reagieren einfach spontaner und unmittelbarer auf Bilder. Dennoch brauchen wir die Sprache – in geschriebener oder gesprochener Form – um eine Botschaft unmissverständlich(er) zu kommunizieren.

„Bilder verarbeiten wir 60.000 mal schneller als Texte, wir beachten sie beim schnellen Lesen deutlich stärker als die Textinformationen. Durch eine starke Bilderwelt kann man deutlich mehr Interesse wecken und dafür sorgen, dass Textbotschaften auch gelesen und nicht nur überflogen oder gar ignoriert werden“. (2)

Worte bzw. Begriffe, die einen konkreten, bekannten, gelernten Gegenstand meinen, wie z. B. Felsen, Lagerfeuer, Weg, Schubkarre, Kuh, werden im Gedächtnis doppelt abgespeichert, als sogenannte Doppelkodierung: Unser Gehirn verbindet den verbalen Ausdruck mit seinen visuellen Merkmalen. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Termini, die nicht gegenständlich sind, aber dennoch gut beschrieben werden können, schon alleine deshalb, weil sie positive Emotionen wecken: Wörter wie Liebe, Glück, Freude, Spaß, modern oder nachhaltig in der Headline erhöhen die Chance, dass danach auch weitergelesen wird. Ein emotional-bildhaft formulierter Erzählstrang wird schneller und direkter als „Bild im Kopf“ verankert und erinnert.

Folgen wir der üblichen „Betrachtungsstrategie“.
Ein Bild alleine – ohne textliche bzw. sprachliche Ergänzungen – bildet eine bestimmte Wirklichkeit ab. Es zeigt das, was man sieht: Ein Felsen im Wasser, ein Cowboy am Lagerfeuer, eine Frau auf einem Weg, ein Mann mit Schubkarre, eine Kuh auf einer Wiese, etc. Wir sind bereits beim Betrachten in das Bild involviert, also innerlich beteiligt, und damit in keiner Weise neutral. Aber was die Bewertung und Interpretation angeht, völlig frei. Dieser gedehnte Interpretationsspielraum ist dennoch relativ und wird alleine durch den Kontext des Bildes (Medium, Plattform, Ambiente) und die individuelle Einstellung des Betrachters (Situation, Stimmung, innere Bilder) beeinflusst bzw. gesteuert. Würde man z. B. das Original der „Mona Lisa“ in einer Bahnhofshalle ausstellen, würde wohl jeder davon ausgehen, dass es sich um eine Kopie handelt (wenn man es denn überhaupt wahrnähme); eine Kopie des Gemäldes im Louvre würde dagegen die volle Aufmerksamkeit beanspruchen. Ergo: der Rahmen bestimmt die Bedeutung.

Werden in das Motiv weitere bildliche oder grafische Elemente eingebunden, wird die „Freiheit der Deutung“, also der Interpretationsspielraum, deutlich eingegrenzt. Ein Logo weist schon mal auf den Absender hin und gibt eine Richtung vor. Konkret wird es dann schlussendlich über die textliche Komponente: Sprachliche Ergänzungen lenken die Wahrnehmung und Deutung des Gesamtmotivs auf die tatsächliche primäre Absicht der Botschaft der Darstellung. Und erwartet daraufhin eine adäquate und positive Reaktion des Betrachters – Absicht und Rezipient nähern sich an.

Die Bildbeispiele von oben (also Felsen, Lagerfeuer, Weg, Schubkarre, Kuh) bekommen mit den folgenden Headlines oder Claims ganz schnell eine Richtung, eine Bedeutung, einen Sinn:
„Ihr Fels in der Brandung“ (Württembergische Versicherung), „Marlboro. Der Geschmack von Freiheit und Abenteuer“ (trotz Werbeverbot immer noch in den Köpfen), „Wir machen den Weg frei!“ (Volksbanken Raiffeisenbanken), „Schweiß fließt, wenn Muskeln weinen.“ (Hornbach), die Milka-Kuh (die natürlich gänzlich ohne Textbegleitung auskommt; siehe auch unten …)

„Je spezifischer die Bildbezeichnungen gewählt werden, umso exakter kann die Richtung der Wahrnehmung gelenkt, besser von anderen Bildern unterschieden und wiedererkannt werden. Es wird die Aufmerksamkeit auf Bildelemente gelenkt, die zum Erkennen und Erinnern des Bildes wichtig sind. Die gedankliche Bildverarbeitung erfolgt in enger Wechselwirkung mit der Sprachverarbeitung. Sprachliche Ergänzungen in einem Bild beeinflussen die Verarbeitung des Bildes und umgekehrt. “ (3)

Die Kriterien sprachlicher Ergänzungen in Bildmotiven hat Werner Kroeber-Riel folgendermaßen zusammen gefasst:

  1. Das Involvement und die Einstellung des Betrachters verändern sich.
  2. Seine Aufmerksamkeit wird bewusst auf das Bild oder einen Bildausschnitt gelenkt.
  3. Die gedankliche Verarbeitung und die Speicherung der Botschaft werden beeinflusst.
  4. Die Bildbedeutung wird stärker eingegrenzt und somit auch Mehrdeutigkeit ausgeschlossen.
  5. Und schließlich wird das Bildverständnis erleichtert.

Bilder und Text stehen in einem engem Verhältnis. Sie brauchen einander. Sie sind die Boten für einen einzigartigen, authentischen, verständlichen und glaubwürdigen Auftritt.

Die Wirkung einer Botschaft kann deutlich gesteigert werden, wenn Bild und Text aufeinander bezogen werden. Dennoch gibt es Varianten, die entweder Bild oder Text als Hauptträger der Marken-Botschaft bevorzugen. Welche Kombinationsmöglichkeiten aus Bild und Text lassen sich also umsetzen?

Bild und Text wirken als Einheit:
Das Bild folgt dem Text – und umgekehrt. Die Kernbotschaft wird durch das Bildmotiv illustriert und mittels Text in Worte gefasst. Beide drücken dasselbe aus und funktionieren sprichwörtlich im doppelten Sinne (duale Kodierung). Beide gemeinsam beschleunigen Wahrnehmung, Aufnahme und Speicherung der Botschaft.

Das Bild steht alleine:
Bilder können auch ohne sprachliche Unterstützung wirken. Das setzt die allgemeine Bekanntheit der Marke voraus. Dies führt dazu, dass der Betrachter das wahrgenommene Bild mit dem inneren Bild im Kopf verknüpft und synchron mit einer Botschaft verbindet. In den meisten Fällen gibt es noch visuelle Unterstützung über das angebotene Logo (als Bild- oder Wortmarke) – bei manchen Motiven ist selbst das nicht mehr nötig (die lila Kuh, Bärenmarke, etc.).

Der Text ist der „Held“:
Längere Textblöcke haben meist erläuternde Funktion. Das heißt aber nicht, dass man das Visuelle gänzlich vernachlässigt: In Form gut gestalteter und ansprechender Typografie vermitteln diese Texte Seriosität, Sensibilität und Glaubwürdigkeit. Ohne ablenkende und in solchen Fällen störende Bildmotive. Als Hauptträger der Botschaft löst sich die Ansprache bewusst von der bilddominanten Kommunikation.

Das Bild erweitert oder verändert die Bedeutung des Textinhaltes:
Das Bild gibt dem textlichen Inhalt eine überzogene oder auch konträre Bedeutung, in dem das Motiv (als Bild oder Zeichnung) den Inhalt des Textes karikiert, idealisiert oder in eine andere Richtung lenkt. Meist handelt es sich um Bildmotive oder Zeichnungen, die abstrakte, schwer zu formulierende Inhalte in ein „Sinnbild“ (Metapher, Allegorie, Synekdoche [ein Gegenstand steht für das Ganze], etc.) übertragen.

Der Text kann über das Bild hinausgehende Informationen vermitteln:
Ein Bild wirkt für sich – auch ohne Worte. Es ist so eindeutig in seiner Aussage, dass es ohne Bildunterschrift auskommt (möglicherweise genügt bereits die
Erwähnung der Marke …). Der ergänzte Text beinhaltet lediglich nützliche Informationen, die eine sinnvolle Verbindung zum Bildmotiv erstellen.

Der Text als Bilderklärer:
Der Text leitet an, wie das Bild zu interpretieren ist. Er präzisiert das Bildlesen und erweitert die Bedeutung des Bildes. Ein Bild ist prinzipiell mehrdeutig. Es zeigt, was abgebildet ist, die beabsichtigte Bedeutung ist zunächst unklar.

Bild und Text gehen nicht aufeinander ein:
Da ging wohl irgendwas schief: Wieso spricht der Text von einer Sache, die sich – selbst nach Abklopfen sämtlicher Interpretationsoptionen – in der visuellen
Darstellung einfach nicht wiederfindet. Wahrscheinlich steckt eine Absicht dahinter, die aber nicht greifbar scheint. Der Zusammenhang bleibt unentdeckt.

Text und Bild widersprechen sich – scheinbar:
Hört sich nach dem vorigen Punkt an. Aber ein bewusster Widerspruch, eine erkennbare Gegensätzlichkeit, kann den Betrachter dennoch auf eine hochgradig
subtile Art ansprechen. Dies erfordert allerdings eine genaue Kenntnis der Wahrnehmungskompetenz der angesprochenen Zielgruppe. Wenn die Teilnehmer
dieser Gruppe das nicht „lesen“ können, geht es tatsächlich in die Richtung des vorherigen Punktes.

Fazit: Ausschließlich Bilder und Worte sind in der Lage, das Image einer Marke aufzubauen, zu steigern und zu festigen. Werden beide der beabsichtigten Botschaft entsprechend sinnvoll miteinander verflochten, informieren, unterhalten und aktivieren beide gemeinsam Kopf und Bauch.

Appell: Flirten Sie. Machen Sie Eindruck. Ein attraktiver, visueller Auftritt, abgestimmt auf die Unternehmens-Persönlichkeit, und ein eloquenter, offener Kommunikationsstil wirken authentisch, unterhaltsam, seriös, glaubwürdig und vertrauenerweckend. Sie gewinnen Freunde, Ihre Freunde gewinnen Nutzen.

Quellen, Zitate, Literaturempfehlungen:

  • (1) Dr. Helene Karmasin: Bildmagie
  • (2) Prof. Dieter Herbst: Corporate Imagery
  • (3) Werner Kroeber-Riel: Bildkommunikation
  • Christian Doelker: Ein Bild ist mehr als ein Bild
  • Armin Reims: Corporate Language
  • Martin Dunkl: Corporate Code

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Gelernter „Designer Visuelle Kommunikation (FH)“, mittlerweile begeisterter Konzeptioner und Texter für Corporate Identity-Konzepte, inklusive Corporate Image-Aufbau und Markenführung.