Corporate Culture

Die Unternehmenskultur als Fundament des Identitäts-Gebäudes.

„Das haben wir schon immer so gemacht“ mag als gern gezückte „Alibikarte“ jeder konfliktlösenden, zukunftssichernden oder einfach nur gut gemeinten Veränderungsidee gleich mal den Zahn ziehen. „Nein, wirklich, das entspricht einfach nicht unseren Werten, damit entfernen wir uns zu weit von unserer ursprünglichen Leitidee … da müssen wir uns ja komplett neu aufstellen … und was sollen unsere Kunden sagen …?“

Schon mal erlebt? Schon mal daran verzweifelt? Oder auch verstanden?

Derartige Konflikte sind üblich, beinahe obligatorisch. Und gehören zu jeder strategischen Auseinandersetzung mit der unternehmerischen Ausrichtung und den daran geknüpften Zielen. Spätestens dann, wenn eine Krise bereits in der Tür steht oder sich zumindest angekündigt hat. Oder wenn sich der Wettbewerb scheinbar mühelos auf höhere Erfolgsebenen entfernt. Oder schlimmer noch: dass sich die Kunden davon machen. Dann gilt es, zu reagieren. Spätestens. Und es stellen sich Fragen: Stimmt unser Angebot noch mit den Bedürfnissen, Wünschen, Interessen, Motiven unserer Wunsch-Kunden überein? Wie steht es um unseren Bekanntheitsgrad? Sind wir nicht nur bekannt, sondern genießen auch ein gutes Image bei unseren Stakeholdern? Entspricht unser Image immer noch – oder überhaupt – unserem Selbstbild? Genießen wir noch eine hohe Reputation? Wir haben immer noch einen guten Ruf, aber weicht unser Image möglicherweise davon ab? Oder sind die Krisen eher von innen heraus gemacht? Sind unsere Mitarbeitenden noch zufrieden mit dem Unternehmen? Was können/müssen wir ändern, um insgesamt Motivation, Identifikation, Zufriedenheit, Zusammenhalt zu steigern? Also was jetzt? Wo müssen wir wie reagieren?

Angesichts solch Existenz bewahrender (oder bedrohender) Fragestellungen sollte sich das Gedankenkarussell schneller drehen. Das bedeutet auch, richtig an den Grundfesten zu rütteln. Dann heißt es: Willkommen in den tiefsten Tiefen der Unternehmens-Identität. Hinein in das Kraftzentrum, die DNA des Unternehmens. Dorthin, wo die Energie freigesetzt wird, die die Persönlichkeit, den Charakter und die Mentalität des Unternehmens ausbildet und stärkt. Die Entwicklung und Wachstum forciert. Willkommen also in der Unternehmens-Kultur.

Cut!
Gehen wir noch mal zwei Schritte zurück und schauen auf die allgemeine Bedeutung für „Kultur“.
Kultur verbindet. Ihr liegen einigende Parameter zugrunde, die über Zeitspannen gewachsen und gereift sind. Neben der prägenden Historie geben die tradierten, also überlieferten Wertvorstellungen, Verhaltensregeln, Gebräuche und Ideologien einer Gesellschaft und damit einer Kultur die nötige Struktur, Ordnung und Festigkeit. Ok, das ist die Theorie.
Es geht in einer Kultur natürlich auch um deren Bewahrung, Erhalt, Pflege, nach dem sie sich über einen längeren Zeitraum ausgebildet hat. Das lateinische Wort „cultura“ für Bebauung, Bearbeitung, Bestellung, Pflege führt diese Ansätze bereits in dessen ursprünglicher, ehemals nur auf die Landwirtschaft bezogene Bedeutung.

Fazit: „Kultur als Identitäts-Dimension wurzelt am tiefsten und wirkt sich am langfristigsten aus. Sie wird tatsächlich am stärksten unterschätzt und somit am häufigsten vernachlässigt.“ (1)

Übertragen auf die Unternehmenskultur liegt der Sinn ähnlich: Zuallererst werden die Gründungsmotivation und -idee des Gründers formuliert. Er bringt seine individuellen Vorstellungen ein: den Zweck, seine Vision, die daran gebundene Mission, und letztlich die Werte, die ihn als Mensch und Mitglied einer Gesellschaft unter dem Einfluss seiner Umgebung (Erziehung, Ausbildung, berufliche Erfahrungen) geprägt haben. Daran gekoppelt sind klare Verhaltensgrundsätze und Kommunikationsregeln, Führungsstil und Unternehmensrituale, die der Gründer als Grundsätze in seine Leitkultur einpflegt. Sie geben Mitarbeitenden Handlungssicherheit und Orientierung. Denn eine derart heterogene Gruppe individueller Mentalitäten und Identitäten benötigt konkrete, klare und verständliche Leitstrukturen, um sich in dieselbe Richtung zu bewegen. Ganz gleich, ob ein 30-Leute-Team, eine 300er Mannschaft oder ein 3.000 Frau/Mann-Konzern geführt und gemanagt werden müssen.

Nehmen wir an dieser Stelle die eingangs erwähnte „immer-schon-so-gewesen-Floskel“ noch mal auf.
Warum sträubt man sich so „gerne“ gegen Existenz sichernde Veränderungen? Dahinter verbirgt sich in den meisten Fällen die archaische Angst vor dem Neuen. So viel Unsicherheit und Risiko. Und erst der Zeitaufwand, die Kosten. Zu groß, zu viel, zu teuer, zu aufwändig; lieber nichts neu anfassen, es war doch immer gut so – nachher kommt alles eher noch schlimmer. Naja, meistens passiert genau das.

Aber natürlich ist solch eine Haltung verständlich. Es kann ja nichts Schlechtes dabei sein, eingeschworene Gepflogenheiten, Strukturen, Rituale oder Prozesse zu bewahren. Immerhin haben diese sich über eine lange, vielleicht sehr lange Spanne der Unternehmens-Entwicklung bewährt und so zu Wachstum und Erfolg beigetragen. Deswegen vertraut man darauf.

Dennoch – und das sollte bedacht werden: Kein erfolgreiches Unternehmen legt eine kontinuierlich positive Entwicklung hin, ohne sensibel, aufmerksam und selbstkritisch auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Strömungen zu reagieren. Den richtigen Zeitpunkt dafür muss man erkennen, besser noch früher.

Werte ändern sich durch Zeitgeist zwangsläufig.

Vor einer jeden Änderungsphase, ganz egal, wodurch ausgelöst, greifen die gleichen Mechanismen: Hier die Bewahrer, dort die Modernisierer. Wenn sich beide die entsprechenden Argumente zuspielen, kann es weitergehen. Man findet eine Balance, auf der jeder – oder die meisten – mitgenommen werden können. Wenn dies gelingt, hat die Unternehmenskultur ihre Zerreißprobe bestanden. In der Krise kollidieren Sinn und Zweck schon mal mit hausgemachten Grenzen.

Obwohl sich die Gewissheit offenbart hat, dass kein Weg an einer angemessenen Veränderung vorbei führt, bleibt ein Zögern meistens präsent. Immerhin hängen ja Existenzen daran, eine gesellschaftliche Verantwortung – und nicht zuletzt das Bewahren der Gründungsidee, von der man immer noch überzeugt ist. Aber genau darum geht es ja schließlich: zu prüfen, was notwendig, sinnvoll und machbar ist, um dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern zukünftig gerecht zu werden.

Die in der Unternehmenskultur eingelagerten Identitätsbausteine gehören regelmäßig auf den Prüfstand. Sie müssen sich hinterfragen lassen. Grundsätzlich stehen ja Kommunikations- als auch Verhaltenskodizes unter ständiger Beobachtung – innerhalb des Unternehmens wie auch von Seiten der externen Stakeholder (Kunden, Partner, Lieferanten, Aktionäre, Kapitalgeber, Öffentlichkeit). Denn deren Einschätzungen und Bewertungen prägen schließlich die Reputation, den Ruf des Unternehmens. Und der ist von höchstem Wert – neben dem Image der angeschlossenen Marken.

Werfen Sie ab und zu einen genauen Blick auf die „Kulturgüter“ Ihres Unternehmens. Natürlich, an der Gründungsgeschichte und -idee lässt sich kaum rütteln, die Gründungsmotive prägen nach wie vor Inhalte und Ausrichtung – es soll ja immer noch das ursprüngliche Unternehmen bleiben. Dennoch werden sich zu den klassischen Werten wie Qualität, Zuverlässigkeit, Fairness, Respekt, Loyalität und Ehrlichkeit weitere dazu gesellen wollen. Angesichts sich verändernder gesellschaftlicher Strömungen schmückt sich ein Unternehmen gerne mal mit Werten wie Diversität, Nachhaltigkeit und Empathie. Die werden dann medienwirksam auf die Fahnen geschrieben. Haben aber keinerlei Substanz. Das rächt sich über kurz oder lang. Solche Werte müssen erkennbar gelebt werden – eben von innen, aus dem Unternehmen heraus. Allein der Geschäftsleitung obliegt deren Durchsetzung und Unterstützung. Wenn sich die definierten Werte im gesamten Unternehmen etablieren, dann wird’s auch was, dann wirkt es auf Dauer glaubwürdig, authentisch, ehrlich.
Das könnte Einfluss auf die ursprüngliche Vision und deren Mission haben und letztlich auch den Zweck, die Ziele und das Leistungsversprechen verändern. Das Ergebnis wären angepasste Kommunikationsprinzipien und Verhaltensregeln.

Unternehmenskultur ist Charaktersache.

Die Unternehmenskultur legt die Grundlage für alle weiteren Identitäts-Ausprägungen. Alle gemeinsam definieren das Selbstverständnis und Selbstbewusstsein des Unternehmens und werden in Bild- und Sprachwelten zum Ausdruck gebracht. Unternehmen bzw. Marken gewinnen dadurch an Profil, schaffen eine eigenständige Position im Markt und erhöhen die Differenzierung zum Wettbewerb. Grundlage für Image und Reputation bei Kunden, Partnern, Aktionären, Kapitalgebern, Besuchern und in der Öffentlichkeit.

„Eine positive, zukunftsorientierte Unternehmenskultur – geprägt von Flexibilität und Unternehmergeist – ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Andererseits wird eine negative, von Pessimismus geprägte Kultur die Erreichung der Unternehmensziele behindern oder gar unmöglich machen.“ (2)

 

Quellen, Zitate, Literaturempfehlungen:
(1) und (2): Klaus Schmidt – Inclusive Branding, Verlag Luchterhand, 2003

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Gelernter „Designer Visuelle Kommunikation (FH)“, mittlerweile begeisterter Konzeptioner und Texter für Corporate Identity-Konzepte, inklusive Corporate Image-Aufbau und Markenführung.