Nutzen-Argumentation

Der Nutzen folgt dem Bedarf.

Der Kundennutzen ist die zentrale Botschaft an den potentiellen Nutzer. Nutzen ist das, was Produkt bzw. Dienstleistung dem Verbraucher zur Deckung seines Bedarfs anbietet. Der Bedarf wiederum lässt sich als Zusammenfassung der persönlichen Bedürfnisse, Wünsche, Sehnsüchte, Interessen, Motive und Ziele eines Individuums ausdrücken.

„Ein Bedürfnis ist als individuell und psychologisch anzusehen, ein Bedarf wird mit ökonomisch und sozial verknüpft“. (1)

Damit der zukünftige Nutzer den Nutzen eines Angebotes für sich auch wahrnehmen kann, muss dieser deutlich verbal ausgedrückt und visuell dargestellt werden. Denn alleine darüber gewinnt eine Marke an Image und Reputation. Sprache und Bilder bringen den Nutzen auf den Punkt und kommunizieren diesen via Kommunikations-Medien, -Kanäle und -Plattformen an das angestrebte Zielpublikum.

„Der Kundennutzen stellt die alleinige Existenzberechtigung für den Anbieter dar. Unternehmen, die ihren Kunden keinen Nutzen bieten, benötigt der Markt nicht.” (2)

Differenzierung, Positionierung, Bedarf.
Zentrale Aufgabe einer durchdeklinierten Nutzen-Argumentation ist es, dem Interessenten einen eindeutigen Produkt-Nutzen zu vermitteln, um seine Entscheidung widerspruchsfrei treffen zu können. Dabei ist es hilfreich, das angebotene Produkt bzw. die angebotene Dienstleistung als Persönlichkeit darzustellen – mit all den spezifischen Features, Stärken und Vorteilen. Dazu gehört auch die Einbindung in den Kontext eines spezifizierten Marktes. So formt sich für die Interessent:innen ein attraktives Gesamtbild aus Differenzierung, Positionierung und Nutzen. Diesen harmonischen Dreiklang gleicht er oder sie mit seinen eigenen Bedürfnissen ab.

Der „Dreiklang“ im Einzelnen:

1. Differenzierung – das Produkt ist der „Hero“.
Produkte bzw. Dienstleistungen werden als echte Persönlichkeiten gesehen und beschrieben – mit einer durchdeklinierten Biografie, einer eindeutigen Identität. Immerhin stehen Produkte und Dienstleistung als kerniges Angebot im Zentrum des Interesses. Damit stellen Unternehmen sie auch ins Zentrum der eigenen Aufmerksamkeit. Je intensiver und tiefgründiger eine Produkt- bzw. Dienstleistungs-Biografie bearbeitet wird, um so präziser lässt sich die spätere Nutzen-Argumentation formulieren. Das erhöht den (Stellen-)Wert erheblich und leistet dem Erfolg immensen Vorschub.

Die Produkt-Vita lässt sich über folgende Parameter aufbauen:

  • Entwicklungs-Historie: Beschreibung der Ursprungsidee, Darstellung des Zweckes, Dokumentieren des Entwicklungs-Prozesses inklusive Forschung, Prototyping, Nachbesserungen und Produktion.
  • Leistungs-Merkmale: Die charakteristischen und funktionalen Merkmale bzw. Features als Kennzeichen des einzigartigen Leistungs-Profils.
  • Die Stärken und Vorteile als feststehende objektive und unstrittige Kriterien, die Interesse wecken und schließlich einen Nutzen auslösen.
  • Die erkannten und offensichtlichen Schwächen und Nachteile, um diese mittel- bis langfristig ausmerzen zu können.

2. Positionierung – Produkt bzw. Leistung werden in den Wettbewerbs-Kontext eingebunden:
Ein Produkt kann sich auf dem Markt nur durchsetzen, wenn es seine Nische findet und auch in dieser Nische gefunden wird; sprich: Es bietet mehr oder etwas erkennbar anderes als die Konkurrenz-Produkte; und es kommuniziert dies auch potentiellen Nutzern. Der Markt braucht Produkte/Leistungen mit Durchsetzungs-Potential. Um dieses zu ermitteln, begleiten folgende Fragen die Markt- und Wettbewerbs-Recherche:

  • Marktsegementierung: In welchem Segment soll das Produkt/die Leistung angeboten werden?
  • Wettbewerbs-Analyse:
    ⁃ Welche ähnlichen bzw. gleichen Produkte/Leistungen sind bereits in diesem Segment präsent?
    ⁃ Welche Features zeichnen die Wettbewerbs-Produkte/-Leistungen aus?
    ⁃ Wie werden diese Merkmale dargestellt und nach außen kommuniziert?
    ⁃ Ist bei den Konkurrenz-Produkten/-Leistungen ein Nutzen erkennbar?
    ⁃ Welche Kundengruppe wird über die Vorteile und den Nutzen angesprochen?
  • Wettbewerbs-Matrix: Merkmale, Vorteile und Kriterien der Wettbewerber werden den eigenen Produkten/Leistungen gegenüber gestellt.
  • Chancen- und Risikobewertung: Welche Potentiale lassen sich daraus erschließen – und wie können diese auf den ermittelten Kunden-Bedarf abgestimmt werden?

Mittels Differenzierung und Positionierung begründen Produkte bzw. Dienstleistungen ihre Einzigartigkeit gegenüber den Wettbewerbern und signalisieren Klarheit gegenüber ihren potentiellen Interessenten und Nutzern – Alleinstellung im Markt bzw. Marktsegment gesichert. Aus dieser Alleinstellung heraus formuliert das Unternehmen einen einzigartigen Produktvorteil (Unique Selling Proposition = USP), ein Nutzen-Versprechen, welches die potentiellen Nutzer mit ihrem Bedarf abgleichen.

3. Vom Kunden-Bedarf zum Kunden-Nutzen:
Der zukünftige Kunde durchläuft in seiner persönlichen Entwicklung diverse Stadien, innerhalb derer er – durch innere und äußere Prägungen – Bedürfnisse, Wünsche, Sehnsüchte, Interessen, Motive und Ziele formuliert und anstrebt. Je nach Gesellschaft und Gruppenzugehörigkeit teilt er einzelne Bedarfsparameter – trotz seiner mehr oder weniger ausgeprägten Individualität – mit anderen dieser Gesellschaft bzw. Gruppe. Er hat konkrete Vorstellungen, was ein Produkt bzw. eine Dienstleistung leisten muss und sucht nach dem entscheidenden Nutzen, dem einzigartigen Kauf-Argument (Unique Buying Proposition = UBP).
So gleicht er das wahrgenommene Angebot mit seinem aktuell präferierten Nutzen-Bedarf ab und entscheidet pro oder contra.

Die sieben Entscheidungs-Kriterien.
Verbraucher entscheiden sich aus einem dringenden oder von außen motivierten Bedürfnis für eine Marke. Diese bietet ihm oder ihr einen eindeutigen Nutzen. Aus meiner Sicht existieren sieben entscheidende „Nutzen-Filter“, aus dem mindestens einer als Auslöser für die Kaufentscheidung zutrifft. Ansonsten ist die Marke und das damit verbundene Angebot wertlos:

  • Der funktionelle Nutzen: Die Marke leistet Unterstützung bei der Lösung eines Problems.
  • Der ökonomische Nutzen: Die Marke bietet ein optimales Preis/Leistungs-Verhältnis.
  • Der emotionale Nutzen: Die Marke macht einfach glücklich, sie gibt einem ein gutes und positives Gefühl.
  • Der soziale Nutzen: Die Marke fördert Image und Ansehen des Nutzers durch deren positives Image.
  • Der ökologische Nutzen: Die Marke bedient die Forderung des Nutzers nach Ressourcen schonenden Angeboten.
  • Der gesundheitliche Nutzen: Die Marke hilft entscheidend bei der Förderung und Beibehaltung der körperlichen und geistigen Fitness.
  • Der ästhetische Nutzen: Die Marke gewinnt allein durch deren Ästhetik und Designanspruch an Zuspruch.

Diese Auflistung lässt sich prima als Checkliste für die Nutzen-Formulierung eines Produktes bzw. einer Dienstleistung einsetzen. Je vielseitiger der „Nutzen-Mix“, umso stärker die Argumentations-Kette.
Es bleibt hierbei allerdings immer zu beachten, dass der definierte Mix auch dem Image der Marke gerecht wird – und damit den Bedürfnissen bzw. dem Bedarf der Verbraucher bzw. Nutzer entspricht.

Ein Beispiel.
Das iPhone von Apple hatte es vom Start weg geschafft, in beinahe allen Kategorien zu punkten: Das multifunktionelle Touch-Display strotzte nur so von bisher ungeahnten Möglichkeiten. Die Emotionen kochten über, ästhetische Argumente lagen geschmeidig auf der Hand, und der soziale Aspekt des Luxus-Smartphones kooperierte mit dem ökonomischen („… Kohle hin oder her, muss ich haben, mit dieser Marke steigen Image und Ansehen“).

Allein ökologische Argumente ließen und lassen sich weiterhin gar keine finden – wie überhaupt Mobiltelefone am äußersten Rand der Nachhaltigkeits-Skala rangieren. Was allerdings dem Image der Marke weniger abträglich ist als dem Ruf des Unternehmens. Zumal weiterhin die Arbeitsbedingungen an den Produktionsstandorten grenzwertig sind.

USP gegen UBP? Unternehmen stecken in einem Dilemma.
Unternehmen formulieren – quasi durch die eigene „Nutzen-Brille” – den Kundennutzen ihrer Produkte bzw. Dienstleistungen als sogenannte USP (Unique Selling Proposition), als einzigartiges Verkaufs-Argument: Was kann unser Angebot und wodurch grenzt es sich von dem des Wettbewerbs ab?

Dem gegenüber steht die – aus Sicht des Kunden – viel entscheidendere UBP (Unique Buying Proposition), das vom Kunden wahrgenommene einzigartige und überzeugende Kauf-Argument.
Unterschiedliche und in sich heterogene Bezugsgruppen zeichnen sich durch unterschiedliche Bedarfe aus, was dazu führen kann, an der einen oder anderen Gruppe vorbei zu kommunizieren. Das macht es schwierig, zielgenau auf alle Bedürfnisse einzugehen.

Anbieter und Nutzer sollten sich einig sein.
Diese vermeintliche Unterschiedlichkeit zwischen Unternehmen orientiertem USP und Kunden erwartetem UBP gilt es bei der Entwicklung und Formulierung der späteren Nutzen-Argumentation zu berücksichtigen und letztlich zu vereinheitlichen: Stimmen USP und UBP weitgehend überein, hat das Unternehmen den richtigen Nutzen für die Bedarfsdeckung der gewünschten Nutzer gefunden. Bravo!

Zu Beginn eines „Needfinding“-Prozesses lauten die wichtigsten Initialfragen verständlicherweise:

  1. Welchen Nutzen haben wir als Unternehmen für unser Angebot definiert und wie kommunizieren wir diesen?
  2. Welchen Bedarf haben unsere Kunden und stimmt dieser mit unserem definierten Nutzen überein?
  3. Wird unser Angebot als attraktiv und begehrenswert wahrgenommen?

Folgende Anmerkung sollte bei der Nutzen-Entwicklung berücksichtigt werden: Als Unternehmen hat man den Kern-Nutzen, der mit dem Produkt bzw. der Dienstleistung verknüpft wurde, natürlich längst bei deren Entwicklung benannt und definiert. Ob dieser Nutzen deckungsgleich mit den Wünschen, Bedürfnissen, Motiven und Interessen der Wunsch-Kunden übereinstimmt, sollte ein Unternehmen im Vorfeld identifiziert haben. Das ist schwierig genug, basiert es doch auf der Annahme, dass die Individuen innerhalb der Kern-Zielgruppe ähnlichen Interessen nachgehen. Dies übereinstimmend und widerspruchsfrei zu ermitteln, ist zumindest im B-to-C-Segment kaum möglich. Meistens handelt es sich bei den angebotenen Waren um sogenannte „schnell drehende“ Konsumartikel des täglichen Bedarfs, die von unterschiedlichen Konsumentengruppen erworben werden. Anders sieht es bei den „Langsam-Drehern“ aus, Produkten mit längerer Lebensdauer (Immobilien, Autos, Möbel, etc). Hier lässt sich genauer differenzieren und die entsprechende Wunsch-Klientel bedienen. Im B-to-B-Bereich ist dies obligatorisch: Hier können die Nutzen-Argumente der angebotenen Produkte und Dienstleistungen auf Grund stärkerer Kundenbeziehungen zielgenauer formuliert werden.

Dennoch: die Unsicherheit bleibt.
Unerbittlich beschreibt das folgende Zitat, warum manche Angebote bzw. Werbekampagnen entweder überhaupt nicht verfangen – oder tatsächlich medial einschlagen aber kaum Impact bei den Verkaufszahlen auslösen und dazu noch ein falsches Image bedienen (man denke nur an die „plüschige“ Camel-Werbung der 90er Jahre, als die Zigaretten-Marke ein neues Publikum erreichte, das sich zwar gut unterhalten ließ, aber scheinbar nicht rauchte – zumindest keine Camel; mit der Folge, dass Camel abrutschte, die Zigarettenwerbung dagegen zur Kult-Kampagne avancierte).


„Es ist eine Illusion, zu denken, dass wir vertraut sind mit den Lebensweisen all der Personen, für die wir täglich Innovationen entwickeln. Wir sollten davon ausgehen, dass unsere bisherige Art, einen Kundenbedarf zu identifizieren, reine Annahmen sind.” (3)

Den meisten Unternehmen – und auch Agenturen – ist das klar. Alle versuchen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, so nah wie möglich ranzukommen an die Kundenwünsche. Der Aufwand kann gigantisch sein. Das muss man sich leisten wollen und können … Das „Camel-Disaster“ basierte demzufolge auf völlig falschen Annahmen.

Was tun?
Viele Unternehmen und deren Agenturen betrachten den unbestritten hohen Aufwand einer tiefgehenden Nutzen- und auch Nutzer-Analyse eher als Zeit- und Geldverschwendung – oder schlimmer noch: Manche sehen darin die Gefahr, dass das Angebot, das Produkt oder die Dienstleistung möglicherweise scheitern könnte. Letzt genannter Aspekt ist durchaus nachvollziehbar. Denn am Ende eines „Nutzen-Argumentations”-Prozesses sollte man Klarheit darüber haben, ob ein Produkt bzw. eine Dienstleistung funktioniert oder nicht und vielleicht nie funktionieren wird – und worauf der Fokus gelegt werden muss, damit es funktioniert.

Noch mal zusammen gefasst: Ist die Erkenntnis durchgesickert, dass es ohne Nutzen-Analyse nicht geht, sollte diese präzise und widerspruchsfrei auf den Dreiklang aus Differenzierung, Positionierung und Kunden-Bedarf abgestimmt werden.

 

Quellen, Zitate, Literaturempfehlungen:

  • (1) Isabel Fol: Basic Needs, Seminararbeit 2001, GRIN-Verlag
  • (2) Thomas Menthe, Manfred Sieg: Kundennutzen – schlüssel zum Verkaufserfolg, Verlag Springer-Gabler, 2018
  • (3) M. Lewrick, P. Link, L. Leifer: Das Design Thinking Playbook, Verlag Vahlen, 2. Auflage, 2018
  • Donald Miller: Story Brand, Verlag Vahlen, deutsche Ausgabe 2020
  • Elke Schwarz: Neuro-Advertising,  Verlag Springer-Gabler, 2018

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Gelernter „Designer Visuelle Kommunikation (FH)“, mittlerweile begeisterter Konzeptioner und Texter für Corporate Identity-Konzepte, inklusive Corporate Image-Aufbau und Markenführung.